Das Forum wächst kontinuierlich, nicht jeder stammt aus einen technischen Beruf, ist eventuell trotzdem an einigen Informationen interessiert.
Will man einen Hatz, Yanmar, Lombardini mit gängigen Motorradmotoren vergleichen, ist das nicht so einfach. Was zählt, Leistung, Hubraum, Zahl der Zylinder, Art der Kühlung? 11 Ps, dazu brauche ich einen luftgekühlten 125 ccm Einzylinder Benzinmotor, der kann mangels Drehmoment die Leistung nur über die Drehzahl holen. Luftgekühlte 500 er gibt es neu kaum noch, Royal Enfield hat einen im Programm (EFI), mit nominell 27 Ps. Interessant wäre der Versuch, einen 500 ccm Benzinmotor, langer Hub, 2 Ventile, reibungsreduziert mit DLC Beschichtung, moderner Einspritzanlage und ca. 15 Ps zu bauen. Könnte vermutlich an die Verbrauchswerte des Diesels rankommen.Gibt es bislang nicht, daher konzentrieren wir uns auf existierende Technik.Betrachten wir zuerst das Anforderungsprofil, d.h. was wird von dem Motor erwartet?Motorrad:
Gewicht spielt immer eine Rolle, der Motor sollte möglichst leicht sein, genügend Leistung und ein breites, nutzbares Drehzahlband haben. Dazu muss er die gängigen gesetzlichen Bestimmungen in Punkto Abgase, Geräusche erfüllen. Verbrauch und Lebensdauer sind wichtig, aber je nach Art des Motorrades variabel. Das gilt auch für die Wartungsintervalle, die Tendenz geht, zumindest bei größeren Motoren zu 10.000 km. Wird im Regelfall (Rennbetrieb klammere ich aus) überwiegend im Teillastbetrieb gefahren, Dauervollgas ist die Ausnahme, Streckenverbote, Verkehr erlauben selten die Leistung permanent auszunutzen. Inspektion im Regelfall in der Werkstatt beim Spezialisten.Ersatzteilpreise oft heftig, meist verkauft der Erstbesitzer das Teil, bevor der Motor platzt.
Industrie, Stationärmotor:
Zuverlässig, hohe Lebensdauer, möglichst Wartungsarm, Effizient. Wird weltweit eingesetzt, von Arktis bis Sahara, oft als Backup System, z.B. Stromerzeuger. Steht ein halbes Jahr, wird dann wochenlang am Limit betrieben, oft schlecht gepflegt.Drehzahlbereich ist relativ schmal, breites Drehmoment Band wichtig, damit bei sprunghaft ansteigender Last (18:00 Uhr, 20 Mann schalten das Licht ein) die Drehzahl nicht in den Keller fällt. Daher grosse Schwungmasse, relativ grosser Hubraum bei geringer Leistung. Abgas- und Geräuschwerte unterliegen ebenfalls gesetzlicher Regelung. Wirtschaftlichkeit ist essentiell, Gewicht möglichst leicht, da der Motor transportiert werden muss, steht aber nicht an erster Stelle. Hohe Lebensdauer wird erwartet, Motorüberholung zu günstigen Kosten ein Kaufargument. Inspektion muss ohne Laptop und umfangreiches Spezialwerkzeug von normalen Mechanikern durchzuführen sein.
Konstruktion, Dimensionierung:
Vergleicht man Benziner und Diesel, dann wirken die Bauteile des Benzinmotors geradezu filigran, Lager, Kurbelwelle, alles erheblich leichter, dünner. Schrauben, Muttern herkömmliche Grössen, Innensechskant, kein Kreuzschlitz, Motorengehäuse meist rustikal, nicht lackiert. Für die Wartung benötigte Öffnungen leicht zugänglich.
Gestartet wird über Seilzug, Kickstarter, meistens auch E-Starter vorhanden.
Aktuelle Motoren sind Direkteinspritzer, benötigen keine Glühkerze. Die Kühlung erfolgt über ein Gebläse, dass sich auf der Schwungscheibe befindet, die Luft wird über ein Gehäuse, meist aus Blech, von einer Seite dem Zylinder zugeführt.
Optisch haben Dieselmotorräder meist eine Prospektseite, da sind Kühlrippen erkennbar. Die Gebläseseite erinnert dann mehr an Rasenmäher Technik.
Vorteile der Luftkühlung sind robuste Bauweise, kann nicht einfrieren, undicht werden, wartungsarm. Kühler, Schläuche, Kühlflüssigkeit, Thermostat, Umwälzpumpe entfallen.
Nachteile, lauteres Betriebsgeräusch, Gebläse kostet Leistung.
Technik im Motorrad:
Will ich einen Stationär Dieselmotor im Motorrad verwenden, treten mehrere Probleme auf. Es wird ein externes Getriebe erforderlich, eine Kupplung, irgendwie muss ich Motor und Getriebe verbinden. Daher bieten sich grundsätzlich Motorräder mit Pre Unit Getriebe an, z.B. Royal Enfield, BMW (alte Boxer), Ural etc.
Die Position des Getriebes im Rahmen kann ich nicht so einfach verändern, Kardan oder Kettenlinie sind fixe Faktoren. Im Falle Royal Enfield ist der Diesel allerdings breiter als das Benzin Original. Setze ich den Motor nun einfach nach rechts, läuft er deutlich aussermittig, optisch blöd, vom Schwerpunkt her ungünstig. Lösbar mit einer längeren Getriebehauptwelle, die liegt leider nicht so im Regal, muss angefertigt werden.
Übertragung der Kraft von Kurbelwelle auf die Kupplung erfolgt meist über eine Duplexkette im Primärkasten, oder über Zahnriemen, dann ist eine Trockenkupplung erforderlich.
Ein Motorradöl ist immer ein Kompromiss, darf nicht zu gut schmieren, sonst rutscht die Kupplung, soll auch die hohen Drücke der Zahnräder verkraften. Sind Motor, Kupplung und Getriebe getrennt, können für jeden Bereich spezielle Schmierstoffe verwendet werden, hat also auch Vorteile.
Ein weiteres Problem stellt die geringe nutzbare Drehzahlspanne des Dieselmotors da. Der Hatz 1B40 hat ein real nutzbares Drehzahlband von etwa 2500 1/min. 1000 Umdrehungen im Leerlauf, ab gut 3500 Umdrehungen wird es zäh. Ein Einzylinder Benziner macht zumindest kurzfristig 5000 1/min, moderne Motoren deutlich mehr. Je na Übersetzung bedeuten 3600 1/min 106 km/h, 5000 1/min 146 km/h. Will ich mit dem Diesel auf akzeptable Geschwindigkeiten kommen, muss sehr lang übersetzt werden. Ein Enfield Getriebe ist im letzten Gang 1:1 übersetzt. Von Getriebe zu Hinterrad sind die Varianten beschränkt, aus Platzgründen kann ich nicht beliebige Ritzel Grössen verbauen.
Fahren mit der Diesel:
Wer von einem „normalen“ Motorrad kommt, muss sich völlig umstellen. Der 1. Gang dient zum anrollen, von ≈40-Vmax geht fast alles im letzten, meist dem 4. Gang. Wildes Ausdrehen der Gänge bringt, ausser Krach, meist nichts. Vor der Kurve zurückschalten, noch schnell überholen, einfach vergessen. Hektisches Bremsen (ausser in Notsituationen) ist kontraproduktiv. Schnell, zumindest für die Technik, macht ein weicher, runder Fahrstil. Mit einer Supermoto korrigiere ich kleine Fehler mit dem Gasgriff, meist steht genügend Leistungsüberschuss zur Verfügung. Etwas flottere Ausfahrten in einer Gruppe Diesel, jede falsche Kurvenlinie, zu starkes Bremsen, Verschalten wird gnadenlos bestraft, mit 20 Meter mehr Abstand, die ich nicht so einfach wieder reinfahren kann.
Ich habe mindestens 20.000 km, unzählige Kurven, Passstrassen gebraucht, um das System Diesel halbwegs zu kapieren. Der Lernprozess endet wohl nie, kann mich immer noch ärgern, wenn ich unnötig an die Bremse langte, oder die Linie eben doch nur zu 95% passt. Da hilft nur, bewusstes Fahren, an sich arbeiten...
Auf so ein Motorrad muss man sich einlassen, gilt natürlich für jedes Fahrzeug, aber die Diesel besonders. Wer das schafft, wird mit einem wohl einzigartigen Fahrerlebnis belohnt, kann sich aus der heute üblichen Leistungsmentalität stark auskoppeln, Strecken, Landschaft, Natur genießen. 5 Jahre und 70.000 km, so lange habe ich noch nie ein Motorrad besessen, morgen kommen wieder einige Kilometer dazu.
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