Motorrad Nr. 39 war (und ist) meine Sommer Diesel, jetzt seit 5 Jahren und 70.000 km im Besitz.
Die Diesel war der Versuch, sich aus der motorisierten Leistungsgesellschaft radikal auszuklinken, Tacho 300 auf der Dosenbahn und gut 45° mit diversen Supermotos erschienen mir nicht mehr alltags kompatibel und begannen mich zu langweilen.
Der Bekanntenkreis reagierte von mitleidigem Lächeln über völliges Unverständnis bis zu hinter meinem Rücken abgeschlossenen Wetten: „in spätestens 3 Monaten hat er wieder was Vernünftiges, 11 Ps Diesel, da hat ja jeder Anlasser...“
Zugegeben, auch ich war nicht frei von Zweifeln :=(
Es gab (und gibt) Momente, da wäre mehr Dampf, Überholen mit einem kurzen Zucker aus dem Handgelenk, schon nett. Da ich das mit dem altersgemäßen Fahrstil und der entsprechenden Einsicht, Reife, aber irgendwie nicht hinbekomme....
Von England bis zur Südspitze Marokkos hielt die Sommer durch. Meistens ohne, manchmal mit Unmutsäusserungen in Form von etwas Öl / Fett auf der Aussenseite, aber immerhin, bisher kam ich immer aus eigener Kraft zum heimischen Carport :=)
Letztes Jahr benötigte das liebe Töchterlein dann relativ kurzfristig ein Auto, da mein Smart mit ≈3000 km jährlich nicht gerade häufig genutzt wurde, ist die Rollenverteilung ganz einfach, sie fährt, ich zahle :=)
Manchmal habe auch ich Termine, der Faktor Zeit spielt auch Nachts eine Rolle, nicht alles geht mit dem Fahrrad, auch wenn das durch Bosch Unterstützung die Reichweite schon erhöht. Also nutzte ich erstmals die Sommer auch im Winter :=)
Das werde ich aus mehreren Gründen nicht mehr tun. Die Salzlake hinterlässt trotz Wachs, Fett etc. doch gewisse Spuren die mich stören und den Pflegeaufwand massiv erhöhen, zumindest wenn man nicht so auf coolem used Look steht. Bei Glätte sind ≈190 kg eben doch viel, der Hatz 1B40 ist nun auch nicht für butterweichen Lauf bekannt, auch 11 Ps können am Hinterrad rupfen. Ausserdem sind Kurzstrecken unter 20 km Gift für den Motor, da bin ich bei 50° Öltemperatur, stört mich vermutlich mehr als den Diesel.
Einer der Hauptgründe ist aber, bis zu dem Zeitpunkt war jede Fahrt Urlaub, ohne Zeitdruck, quasi gelebte Meditation, ich musste nicht zum Zeitpunkt X am Ort Y sein. Das Gefühl möchte ich erhalten.
Lange Rede kurzer Sinn, ein 3. Fahrzeug musste her, nein, nichts mit 4 Rädern, für ein 2. Pkw bin ich noch nicht alt genug...
Die Qual der Wahl, oder weniger ist manchmal mehr...
Ein Diesel Motorrad prägt, 2-2,5 Liter Verbrauch, ewig haltende Reifen und Komponenten, Beschleunigungsmessung mit Kalender anstelle von Stoppuhr.. An die sehr niedrigen Betriebskosten kann man sich gewöhnen.Die Ergänzung dazu sollte folgende Eigenschaften haben:
Leicht, handlich, praktisch, zuverlässig, Stauraum... ein echtes Nutzkrad eben.
So etwas fahren in Deutschland wenige, abseits des Mainstream, selbstbewusst genug auf Prestige und Leistung zu verzichten, nicht weil man muss, es sich nicht leisten könnte, sondern weil man will.
Mein erstes Motorrad mit 18 nach der Kleinkraftrad Zeit war eine 125 er Honda SL, eine nette, kleine und optisch durchaus gelungene Enduro. Danach hatte alles deutlich mehr Leistung, von 1, 2, 3 und Vierzylindern, 2 und 4 Takte war alles dabei.
Im Diesel2rad Forum gibt es einen
überschaubaren Kreis von Cub Fahrern, auf Honda Innova oder Wave
unterwegs. Der Typ von Kradist, der noch fährt, wenn andere auf
Grund des Wetters nur noch vom Fahren reden.
Könnte man sich zumindest mal
anschauen, Quasi Back to the Roots, dachte ich mir. Beratung und
Händler in der Nachbarschaft sind mir wichtiger als einige,
vermeintlich gesparte Euronen, ich fuhr zu Zweirad Neudorf in
Herdorf. Der Mechaniker dachte wohl, es kommt ein Kunde mit Lager
Schaden, den Klang einer Sommer Diesel kannte er noch nicht, wenn
sich eine Honda so anhört, wird es teuer :=)
Chef nicht da, ein optisch sehr junges
und real sehr schlankes Mädchen, Sarah nahm mich in Empfang. Meine
anfängliche Skepsis ob ihrer Fachkompetenz legte sich schnell, da
wurde ich schon sehr oft von deutlich älteren, männlichen „Profis“
erheblich schlechter Beraten. 1+, vergebe ich selten, aber hier klar
verdient!
Eine kurze Probefahrt genügte, Moped bestellt. Der Kaufpreis ziemlich genau 1/5 Sommer ;=) Irgendwelche Nachbauten wollte ich mir nicht antun, eine Honda sollte es schon sein.
Diese Woche war es dann soweit, Wave
da, Givi Scheibe auch, nur der Topcase Träger fehlt noch, hilft nur
Geduld, am Händler liegt es nicht. Der Mechaniker von Zweirad
Neubold übergab und erklärte mir das Fahrzeug vorbildlich, so
langsam wir das mit dem Loben inflationär, aber auch er hat die 1+
redlich verdient.
Ein Hatz 1B40 wiegt gut 50 kg
Die Wave gerade mal das Doppelte
Auf der Heimfahrt fühlte ich mich wie auf einem
Etwa 70.000 km mit dem rechts geschalteten Getriebe
hinterlassen ihre Spuren im Gehirn,
der reflexartige Tritt auf die Wave Fußbremse, beim Versuch
hochzuschalten, ja, Fußbremse funktioniert :=)
Die letzte Schaltwippe hatte ich mit
17, an einer 4,5 Ps Honda Dax. Das die Gänge dann links alle nach
unten Geschaltet werden, nicht 1. unten, Rest nach oben, erhöht die
geistige Flexibilität. Andere lösen Kreuzworträtsel, ich fahre
Wave.
Wer heute ein aktuelles Motorrad kauft, bekommt zu 95% eine Lifestyle Produkt, Optik geht oft vor Funktion, kurze Fahrt auf nasser Strasse, Motorrad und Fahrer eingesaut.
Was andere uncool finden, gefällt mir. Ein Schutzblech, dass keine Verlängerung braucht!
Da wird der Motor eben nicht mit Dreck zugepflastert, Form folgt der Funktion
Das Konzept ist eigentlich eine Mischung aus Roller und Motorrad, Tank unter der Sitzbank, kleines Staufach.
Über das „Bordwerkzeug“ hüllen wir gnädig den Mantel des Schweigens, anderseits, dass ist ein Honda, wer braucht da...... :=)
Die ersten 100 km
Halbes Gewicht, auch 4 Gänge, ähnlicher Geschwindigkeitsbereich wie die Diesel. Die Ganganzeige ist, zumindest für Wave Rookies, durchaus hilfreich.
Wenn man das System der Schaltung kapiert hat, im Stand kann auch vom 4. Gang direkt in den Leerlauf geschaltet werden, klappt das ganz gut. Zwischengas geben bedarf noch etwas Training, auch ungewohnt ist die Schalter Anordnung, an der Sommer ist Hupe unten, Blinker darüber, hier umgekehrt. Der Motor kommt auch mit dem Kickstarter sofort, läuft sehr leise und ruhig. Der Hatz signalisiert akustisch und durch seine Vibrationen, dass er läuft. An der Ampel ist vom Honda Motor nichts zu spüren, dass Gas extrem leichtgängig.
Ungewohnt ist der Drehzahllevel, liegt wohl im doppelten bis dreifachen Bereich des Diesel. Über die Geschwindigkeit betrachtet sind die Schaltpunkte ähnlich, wirklich positiv überrascht hat mich der Durchzug des 109 ccm Motors, auch die Fahrleistungen liegen nahe bei der Diesel, bin aber noch in der Einfahrphase und dresche das Ding nicht bis ans Limit.
In den 80 igern flogen bei mir Reifen aus asiatischer Produktion spätestens beim ersten Kundendienst runter, die Cheng Shin geben aber bislang keinerlei Grund zur Klage. Das Fahrwerk mit den sehr filigranen Federbeinen funktioniert, die Sitzbank ist überraschend komfortabel. Nach etwas Gewöhnung lässt sich die Wave Fahrrad mässig um die Ecken schmeissen, gar nicht so langsam, schmale Reifen und geringes Gewicht haben was :=)
Verbrauch dürfte nach Spritmonitor irgendwo um die 2 Liter liegen, wird sich zeigen. Der Tank ist mit 3,7 Litern Inhalt etwas mickrig, Tankanzeige wird getestet, um ein Gefühl für reale Reichweite zu bekommen.
Wird fortgesetzt..
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