Nach etwa 11.000 km mit dem dieseligen Gesellen ist es Zeit sich etwas intensiver mit dem Hatz 1B40 zu beschäftigen. Um die nötigen Hintergrundinformationen zu erhalten, setzte ich mich mit Hatz in Verbindung. Der Leiter der Niederlassung West, Kai Hopfensberger rief mich zurück und opferte mir gut eine Stunde seiner Zeit, so ein Admin kann penetrant sein
Außerdem versorgte er mich mit technischen Unterlagen und Bildmaterial, dafür vielen Dank, habe ich bei einer renommierten deutschen Motorradfirma auch schon anders erlebt...
Das restliche Bildmaterial ist aus dem Fundus des Forums, bzw. eigene Fotos.
Der Bericht ist u.U. einigen zu „technisch“, mein Anliegen ist es, Interessierten Fahrern einen etwas weitergehenden Einblick in die interessante Konstruktion zu geben.
Der 1B40 ist ein Industriemotor, der für vielfältige Aufgaben konzipiert ist, von der Rüttelplatte über Antriebe von Pumpen bis hin zum Stromerzeuger, Einsatz von Alaska bis Afghanistan, dass ergibt ein sehr breites Anforderungsprofil. Dimensionierung der Teile, konstruktive Auslegung der Lebensdauer unterscheidet sich natürlich von einem „normalen“ Zweiradmotor, im Vergleich 1B40 wirken da viele Dinge geradezu filigran. Daraus resultier dann eine Lebensdauer die für die meisten „zivilen“ Einzylinder utopisch ist.
Trotzdem, an den Einsatz in einem Motorrad haben die Konstrukteure allerdings nicht gedacht
Erfahrungsgemäß zahlt man bei so einer Aktion Lehrgeld, ging auch Hatz so, die Belastungen in einem Motorrad unterscheiden sich doch erheblich vom stationären Betrieb.
Normalerweise läuft der Motor mit 3000 U/min, + ≈ 150 Umdrehungen Regelbereich.
Im Motorrad dreht er bis zu 4000 Umdrehungen, Dauerdrehzahlen von 3500 U/min können stundenlang auf der Autobahn anliegen, Ex-Admins fahren da mit Seitenwagen und Gepäck, Schneeketten unterstützt Steigungen hoch, bis der Motor, thermisch auf Glühkopf umgestellt, um Gnade winselt...
Es zeigte sich, dass Vibrationen, Verwindungen durch den Rahmen, ein insgesamt höhere Drehzahlniveau sich bemerkbar machten.
Zwischen Kurbelgehäuse und Steuerdeckel kam es zu Undichtigkeiten
Natürlich gibt es noch diverse Änderungen, manche sind auch den gesteigerten Umweltauflagen geschuldet.
Letztendlich profitierten alle 1B40 von den Erfahrungen der Motorradfahrer, ist aber schon bemerkenswert, dass eine komplette Konstruktion verändert wird für einen Mangel der nur die bekloppten Diesel Treiber betrifft.
Jeder 1B40 wird nach kurzer Warmlaufphase ca. 30 Minuten auf dem Prüfstand mit Volllast getestet. Dabei werden Einstellung vorgenommen und die Leistung geprüft.
Im Gegensatz zum RE Vergasermotor ist der HATZ 1B40 eine absolut moderne Konstruktion, Direkteinspritzer, Bohrung 88mm, Hub 76mm.
Außer dem E-Starter
gibt es nur den Öldruckschalter
als elektrisches Teil im Motor.
Den Anlasser habe ich abgedeckt, gefällt mir nicht so, wenn der voll im Spritzwasser hängt. Außerdem bekommt dem Motor der Fahrtwind eh nicht so gut, bei Temperaturen unter 15°+ ist die Winterscheibe und dünnes Öl sicher kein Fehler.
Eine Glühkerze benötigt ein Direkteinspritzer nicht, den Absteller kann ich manuell ausschalten, der Motor läuft also in Notfällen völlig ohne Elektrik, das Starten mittels Kickstarter geht mit etwas Übung und normaldeutschem Körpergewicht sehr gut.
Nun wollen wir uns etwas den Innereien zuwenden.
Die Abdeckhaube und der Reversier-Starter sind beim Motorrad natürlich nicht vorhanden, der Luftfilter ist auch etwas anders gestaltet, aber so zum Überblick eignet sich das Bild ganz gut. In Fahrtrichtung betrachtet sehen wir die Linke Seite des Motors.
Die geschmiedete einteilige Kurbelwelle
ist an der Abtriebsseite (Primärkasten) gleitgelagert, an der Schwungradseite (rechts Lüfterkasten) in einem Rillenkugellager verankert. Das Gleitlager verträgt sehr hohe Flächenpressungen und ist somit für alle möglichen Belastungen gewappnet. Auf der Schwungradseite ist die Last klar definiert, das reicht das Industrielager aus.
Um den Vibrationen Herr zu werden, ein Diesel läuft auf Grund der hohen Verdichtung von 20,5:1 härter als ein Benziner, verwendet der 1B40 eine zahnradgetriebene Ausgleichswelle.
Dadurch läuft der Motor, allen Unwissenden zum Trotz, vibrationsärmer als die meisten Benzin Fackeln.
Die relativ geringe Höchstdrehzahl von 40001/min erlaubt eine untenliegende Nockenwelle.
Integriert ist hier links im Bild die Dekompressionsautomatik zum leichteren Starten des Motors. Von der Nockenwelle werden dann über Kipphebel die Stößelstangen für Ein- und Auslassventil sowie über Rollenkipphebel die Einspritzpumpe angetrieben.
Da sämtliche Antriebe über Zahnräder gehen, gibt es auch keine Kette die sich längen kann, eventuell nach langem Betrieb reisst.
Der gesamte Kurbeltrieb ist in den folgenden Bildern dargestellt:
Der Kolben läuft in einer auswechselbaren Laufbuchse. Zumindest theoretisch könnte man nach entsprechendem Verschleiß Kolben und Buchse auswechseln. Theoretisch deswegen, weil nach bisherigen Erfahrungen diese Bauteile erst bei sehr hohen Laufleistungen verschlissen sind. Arbeitstzeitmässig ist der Aufwand relativ hoch, die Ersatzteile sind günstig. Da ist dann zu überlegen, ob der Rest des Motors den Aufwand noch lohnt.
Einige Anmerkungen vom Techniker:
Schrauben am Diesel ist differenziert zu betrachten, Ventile, Ölwechsel etc. kann auch von „technisch minderbegabten“ relativ einfach durchgeführt werden.
Weitergehende Arbeiten erfordern penibelste Sauberkeit und das Wissen, was man da eigentlich macht. Die Einspritzanlage ist kein Bauteil, an dem man rumexperimentieren sollte, kann zu relativ kostenintensiven Folgen führen L
Auf Grund der Tatsache, dass der 1B40 in der Sommer Variante einen speziell angepasste Kennlinie hinsichtlich Drehzahl etc. besitzt, kann ich nicht so einfach jeden in der Bucht ersteigerten Motor da reinspaxen, da fehlen dann u.U. mal so 900 Umdrehungen oben raus.
Ein Diesel arbeitet zwar mit niedrigeren Drehzahlen und Kolbengeschwindigkeiten als ein Benziner, aber die Drücke sind erheblich höher, Passungen enger.
Daher sollte vernünftiges Warmfahren, die Verwendung von qualitätsmäßig ordentlichem Öl eigentlich jedem einleuchten. Das Argument, „ In der Rüttelplatte macht das auch keiner“, höre ich oft. Richtig, der Moto platzt nicht, wenn er kalt gedroschen wird, billigstes Öl verwendet wird, er mit Dauervollgas eingefahren wird. Aber, auf der Baustelle interessiert sich auch kein Mensch dafür, wie lange die Kiste das mit macht. Ob der 1B40 mit 70.000 km im Eimer ist, oder mit 150.000 km noch seine Leistung bringt, macht für mich schon einen Unterschied. Billig ist der als Ersatzteil nicht, also möge jeder für sich selbst entscheiden, was sich langfristig rechnet.
Tuning, Ausblicke in die Zukunft:
So im Schnitt 1 x pro Woche ruft einer bei Hatz an und will den 1B40 Tuning-Kit kaufen oder fragt nach, an welcher Schraube er drehen muss um mal kurz 15 PS rauszuholen....
Manche gehen ja grundsätzlich davon aus, dass der Konstrukteur nur zu faul oder zu unfähig ist, dem Teil mal richtig Leistung einzuhauchen.
Abgesehen von den gesetzlichen Bestimmungen, die ja von etlichen als Einschränkung der persönlichen Freiheit großzügig ignoriert werden, gibt es allerdings auch handfeste technische Gründe, warum der Motor 11 und keine 15 PS hat.
Wenn ich wirklich mehr Dampf brauche / will, gibt es verschiedene Wege. Ich erhöhe den Hubraum, so geschehen beim 1B50, dort wurde die Bohrung von 88 auf 93 mm erhöht, ergibt dann anstelle von 462ccm 517ccm. Klasse, einbauen, ab geht`s! Dummerweise wird da die Wandstärke des Zylinders dünner, die thermische Belastung größer. Um die Dauerhaltbarkeit zu erhalten, dreht der Motor nicht über 3000 1/min, sind dann im 4. Gang anstelle von rechnerischen 115 nur noch 86 km/h, nicht so der Brüller.
Will ich richtig Leistung, bedingt das Flüssigkeitskühlung, Turbolader, Elektronik etc. oder einen luftgekühlten 2 Zylinder, da kommen dann aber oft andere Probleme durch Vibrationen, deutlich höheres Gewicht, höhere Kosten usw. zum tragen.
Ist eine eher philosophische Frage, was will ich, den einfachen, langlebigen, sparsamen Diesel oder.....
Alternativen gibt es immer, viele davon haben eine Zündkerze...
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